Kinematische Singularitäten
Als kinematische Singularitäten werden besondere Achsstellungen einer Kinematik bezeichnet.
In diesen singulären Stellungen kann die Kinematik Bewegungen in bestimmte kartesische Richtungen oder Drehungen um bestimmte Raumachsen nicht ausführen. Ein einfaches Beispiel ist ein komplett ausgestreckter Roboterarm, bei dem eine Bewegung weiter nach außen (aus dem Arbeitsbereich heraus) nicht möglich ist.
Singularitäten haben keinen Einfluss auf reine Achsbewegungen (beispielsweise mit #PTP).
Kritisch werden Singularitäten, wenn in ihrer Nähe Bewegungen im Programmierkoordinatensystem (PCS) ausgeführt werden. Es kann dort trotz langsamer TCP-Bewegung in diesen Bereichen zu extrem schnellen Achsbewegungen kommen kann.
Da wiederrum die Achsdynamiken beschränkt sind, kann es im Umkehrschluss in der Nähe einer Singularität zu einer starken Reduzierung der TCP-Bahngeschwindigkeit kommen.
Es ist anzumerken, dass diese Effekte direkt von der physikalischen Kinematik herrühren. Die Steuerung kann diese Effekte lediglich vermindern oder Alternativstrategien anwenden, ganz vermeiden lassen sie diese Effekte nicht.
Singularitäten eines Roboters
Siehe Singularitäten beim Sechsachs-Gelenkarmroboter-Kinematik
Singularität bei vollständiger Fünfachs-Kinematik
Bei vollständigen Kinematiken erfolgt die Abbildung der Werkzeugrichtung in Winkeldarstellung in einen Werkzeugrichtungsvektor und daraus die Abbildung auf die ACS Achswinkel. Dies ist abhängig von P-CHAN-00247.
Im Gegensatz dazu ergeben sich bei RTCP-Kinematiken ergibt sich die Werkzeugrichtung direkt aus den programmierten ACS Maschinenwinkeln.
Bei vollständigen Kinematiken kann die Steuerung dabei die eindeutige Stellung des Werkzeugrichtungsvektors nicht mehr in eine eindeutige Stellung der ACS Orientierungachsen abbilden. Bei einer vollständigen Fünfachskinematik existieren entweder zwei oder unendlich viele mögliche ACS Winkelpaare für einen vorgegebenen Werkzeugrichtungsvektor. Letzteres wird als kinematische Singularität der Struktur bezeichnet.
Bei einer Standard CA-Kinematik ist der singuläre Werkzeugrichtungsvektor ori = (0.0, 0.0, 1.0), die dazugehörige ACS Winkelstellung ist AACS=0. Der CACS-Winkel kann beliebige Werte im Verfahrbereich dieser Achse annehmen ohne dass sich die Werkzeugrichtung ändert.
Die Singularität bei AACS=0 trennt die zwei oben angesprochenen ACS Winkellösungen. Bei dem CA-Kopf sind dies z.B. bei einem Richtungsvektor ori = (0.0, -0.7071, 0.7071)
- CACS=0, AACS=45
- oder CACS=180 AACS=-45.
Beim Herausfahren aus der Singularität wählt die Steuerung die Winkellösung entsprechend der „Shortest Way“ Strategie aus.
Abhängig von der Orientierungsänderung in der Nähe dieser singulären Achsstellung können enorme dynamische Beanspruchungen auftreten. Dies kann zu hohen Achsgeschwindigkeiten der Drehachsen führen, obwohl die TCP Bahngeschwindigkeit (Relativgeschwindigkeit des TCP zwischen Werkzeug und Werkstück) an diesen Stellen relativ klein ist.
Für bestimmte Technologien, wie z.B. Laserschneiden, kann mit anderen Werkzeugkopfstrukturen ausreichend Abstand zu dem kritischen Bereich der Singularität dieser Struktur hergestellt werden.
Z.B. mit einem AB-Werkzeugkopf, der die Singularität bei Werkzeugrichtungsvektor ori = (0.0, 1.0, 0.0) und ori = (0.0, -1.0, 0.0) hat. Mit der technisch erforderlichen Beschränkung des Fasenwinkels der rotatorischen Achsen, z.B. BACS=+-50°, kann der kritische Bereich umgangen werden.
Optimale Geschwindigkeitsverläufe erhält man für Positionierbewegungen im Bereich der Singularität durch spezielle CNC Funktionen (z.B. #PTP).